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Alle Jahre wieder
Alle Jahre wieder
Nach zwei Jahren Corona-Pause ist der Opernball zurückgekommen. Der Ball der angeblichen Dekadenz scheint wieder einmal die Gesellschaft zu spalten, doch es ist jedes Jahr dasselbe. Drinnen wird getanzt und draußen demonstriert. Was sich ändert, ist nur die Anzahl der Teilnehmer. Am Ende waren es dieses Jahr um die 500 Demonstranten.
Aber wogegen richten sich diese Demos? Vielfach geht es wieder einmal um die finanzielle und wirtschaftliche Ungerechtigkeit, die besonders in Krisenzeiten bis in die Mittelschicht spürbar ist. Aber auch die üblichen Berufsdemonstranten, die alles zum Thema machen, waren wie immer dabei. Dabei wird gerne etwas Wichtiges übersehen:
Der Wiener Opernball ist ein gesellschaftliches internationales Großereignis, das eine nicht unerhebliche Aufgabe hat. Sowohl in Politik, als auch wirtschaftlich werden Kontakte geknüpft und es ist völlig egal, ob dort nun getanzt wird, oder die reichhaltigen Buffets gestürmt werden. Wichtig ist sehen und gesehen werden und die Auswirkungen auf jeden einzelnen sind – auch, wenn man das nicht sehen will, nicht zu unterschätzen.
Ist es dekadent, wenn man Entscheidungsträger trifft, die dazu beitragen, dass es eine Weiterentwicklung geben kann? Ist es dekadent, wenn man als „Opernball-Maskottchen“, wie Richard Lugner, der ohnehin vermutlich das letzte Mal dazu beiträgt, dass der Opernball ein mediales Großereignis wird? Ist es dekadent, wenn dieser Opernball in einer Preisklasse zu finden ist, die sich nur die „oberen Zehntausend“ leisten kann? Ist es dekadent, wenn eine hypothetische Frau Hrdlicka, Hausmeisterin im Gemeindebau, ausgeschlossen ist? Ich weiß schon, dass ich mir keine Freunde mache, wenn ist diese Fragen mit NEIN beantworte.
Der Opernball gehört zu Wien und zu Österreich, wie der Skisport zu Tirol oder der Wiener Prater, den man – wenn man will, auch als Instrument der Dekadenz betrachten könnte, denn leisten können sich viele auch das nicht. Dennoch wissen viele nicht, welche Bedeutung so ein Ereignis so ein Event, wie der Opernball hat. Sehen und gesehen werden – mit all den Roben, dem demonstrierten Reichtum, dem „Promistatus“, den einige zur Schau stellen. Letztendlich hat alles seinen tieferen Sinn – auch, wenn er nur darin liegt, eine österreichische Tradition zu pflegen.
Jeder versucht, das Beste aus einer Situation zu machen. Ein Beispiel: Meine Hochzeit war sicher ungewöhnlich. Einer der Senatoren war mein Trauzeuge, geheiratet haben wir im Plenarsaal, die illustre Gästeliste könnte man – wenn man so will – als politische Veranstaltung bezeichnen, bei der bis hin zum Polizeichef alles, was Rang und Namen hat, anwesend war. Ob wir uns das leisten konnten? Nein, es hat sich einfach so ergeben und wenn das Dekadenz ist, dann kann ich damit leben. Nun ist eine Hochzeit ja kein jährlich wiederkehrendes Ereignis, doch das Beste aus der Situation zu machen, ist etwas, das man durchaus vergleichen kann.
Es wird immer gesellschaftliche Unterschiede geben, die manchmal größer erscheinen, als früher. Doch alle gleichzubehandeln, wäre die Etablierung eines kommunistischen Systems – und nicht einmal da gibt es Gleichbehandlung – außer, dass die Bevölkerung gleich schlecht behandelt wird. Selbst, wenn man das Vermögen aufteilen würde, hätte der Einzelne nur unwesentlich mehr und der Neid wäre aus der Gesellschaft nicht verschwunden. Nur, wenn man ständig unter die Nase gerieben bekommt, dass die Oberschicht nur auf Kosten der „unteren Schichten“ reicher und fetter wird, weckt das wohl bei allen ein gewisses Unverständnis. Das „zur Schau stellen“ von Besitz und gesellschaftlichen Status ist eine Art „Naturgesetz“, das sich auch durch die größten Proteste nicht ändern wird. Sehen wir also auch den Opernball als das, was es ist: Eine österreichische Tradition!
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