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Leistbare Moral

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Leistbare Moral

Eine von vielen Leitlinien im Alltag ist der Begriff „Moral“. Etwas, wofür auch Österreich im Ausland kritisiert wird, weil es „moralisch verwerflich“ ist, den Kriegsverbrecher Putin indirekt zu unterstützen, indem man sich einem Gasboykott, der eigentlich der EU-Vorstellung entsprechen würde, nicht anschließt.

Moral muss man sich aber auch leisten können und Österreich mit einer Abhängigkeit vom russischen Gas, die bei 80 % liegt, kann es sich – im Gegensatz zu anderen EU-Ländern eben nicht leisten. Die Folgen wären dramatisch. Die österreichische Industrie würde einen absoluten Stillstand erfahren, denn es gibt weder kurz- noch mittelfristig Alternativen zum russischen Gas.

Die Folge wären Massenarbeitslosigkeit, Mängel in den Lieferketten und nicht zuletzt zunehmend leere Regale im Handel. Die Armutskurve würde steil nach oben schnellen – und das nicht nur in den ohnehin schon unterprivilegierten Bevölkerungsschichten. Transportkosten könnten nicht mehr abgefedert werden und die Preise für fast alle Produkte würden ein bisher nie erreichtes Niveau erreichen.

Die ohnehin schon zunehmende Gewaltbereitschaft würde zu Plünderungen führen, weil die angebotenen Produkte nicht mehr leistbar sind und das wäre mit zahlreichen Geschäftsschließungen verbunden, weil sich das Personal nicht unbedingt einem so hohen Risiko aussetzen will.

Dazu kommt, dass in Österreich auch Strom aus Gas erzeugt wird. Bleibt diese „Energieumwandlung“ aus, hätten wir sehr schnell einen massiven Engpass nicht nur in der Industrie, sondern auch in vielen Privathaushalten. Für uns so selbstverständlich gewordene Alltagsgeräte wie Herd, Heizung oder auch Kühlschränke würden nur noch antriebslos in der Ecke stehen und selbst die Aufbewahrung und Zubereitung von Lebensmitteln wären kaum zu bewältigende Probleme.

Die traurige Wahrheit ist, dass wir uns diese Moral gegenüber Putin gar nicht leisten könnten. Was passiert, wenn Russland plötzlich den Gashahn zudreht, kann nicht einmal annähernd eingeschätzt werden. Rationierungen beim Einkauf von Lebensmitteln und Hygieneprodukten gibt es ja bereits vereinzelt. So ist es durchaus denkbar, dass wir uns vom Nettozahler in der EU mittelfristig zum Nettoempfänger entwickeln. Kein erstrebenswerter Zustand, denn die Wirtschaft wäre für Jahre damit beschäftigt, die Bevölkerungsarmut abzufedern. Von Wachstum oder einem bescheidenen Wohlstand braucht dann vorerst niemand zu reden.

Ich wurde schon mehrfach gefragt, ob ich glaube, dass sich die Beziehungen zu Russland wieder normalisieren werden, wenn Putin und seine Riege verschwunden sind. Ich denke, schon, dass dies möglich ist. Aber meine Generation wird eine Normalisierung dieser Beziehungen nicht mehr erleben. Zu viel Porzellan ist zerschlagen worden.

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