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Die Putin-Versteher

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Die Putin-Versteher

Wäre es nicht ein edles Ziel, wenn man sich für den dauerhaften Frieden – insbesondere in der Ukraine – einsetzen würde? Wenn man ohne politisches Kalkül sagen könnte, dass es zum Erfolg führen könnte, wenn man mit dem Kriegsverbrecher auch nur annähernd verhandeln könnte? Schon gut, man darf ja auch einmal träumen. Doch manche scheinen diesen Traum im Dauerschlaf zu genießen.

Die FPÖ hat bekanntlich komplett und SPÖ großteils die Rede von Präsident Selenskyj im Parlament komplett boykottiert. Beide Gruppierungen wollen sich nicht wirklich mit der Tatsache auseinandersetzen, dass sich vor einem Jahr die Sicherheitslage in Europa fundamental geändert hat. Russland hat unter einem von Rachegedanken geleiteten Diktator die Ukraine überfallen und weitere Länder, wie Moldau und Georgien nicht nur verbal bedroht. Ganz Europa soll unter russischer Kontrolle stehen.

Herbert Kickl, hat in der Pressekonferenz nach der „Friedenstafelaktion“ gesagt, der Ukrainekrieg wäre ja nichts anderes als der Krieg der USA und der Nato gegen Russland auf ukrainischem Boden. Wie „schön“, dass Kickl es „Krieg“ genannt hat und nicht „Militärische Spezialoperation“. Mit dieser zynischen Tatsachenverdrehung von historischem Ausmaß haben die Propagandamaschinen der Nazis und der Sowjets gearbeitet. Und so arbeiten die Russischen noch heute.

Der Neutralitätsversteher Kickl meint, die Nato-Staaten Ungarn und Türkei wären neutraler als Österreich. Über beide Beispielländer muss man nicht wirklich über das Thema „Neutralität“ diskutieren. Es wäre zwecklos, denn beides sind autoritäre Systeme, wie die Kickl-FPÖ sie liebt und gerne auch in Österreich einführen möchte. In Wahrheit ist es aber eine Parteinahme für Russland. Immerhin: Die FPÖ ist die einzige Partei, die ein Kooperationsabkommen mit der Putin-Partei hat, auch, wenn immer wieder behauptet wird, dass es nur auf dem Papier bestehen würde. Außerdem hat Kickl dann noch durchklingen lassen, dass es besser wäre, nicht in der EU zu sein.

Natürlich weiß Klein Herbert, wer oder was Wladimir Putin ist und ich gehe einmal davon aus, dass er ihn – mangels anderer weiterer lebender Beispiele – sein Vorbild ist. Aber auch in der SPÖ gibt es eine starke Strömung, in der sich USA- und Nato-Feindschaft in der Nostalgie für den alten sowjetischen „Sozialismus“ vermischen. Hilfen für die Ukraine – insbesondere Waffenlieferungen – werden als Kriegstreiberei bezeichnet und die Ukraine wäre ja auch irgendwie schuld, sodass man Putin und die Russen auch irgendwie verstehen muss.

Die Osteuropäer hätten eben Putin nicht reizen sollen, indem sie in die NATO „geflüchtet“ sind. Schließlich hätte Putin doch ein gewisses Recht auf eine Einflusssphäre. Am besten in ganz Europa. Kickls Standardsatz: „Die Neutralität schützt uns, und man muss eben einfach Friedensgespräche führen, (auch wenn Putin nicht den Funken einer Bereitschaft dazu zeigt, wenn er nicht alles bekommt, was er haben will). Die neue Lage, die durch Putins Neoimperialismus entstanden ist, nimmt offenbar auch die SPÖ nicht zur Kenntnis.

Dass in Russland seit 2014 eine zunehmende Militarisierung beobachtet wird, scheint völlig ausgeblendet zu werden. Es haben sich immer mehr militärisch-patriotische Klubs gebildet, die nur ein Ziel haben: Kinder in „richtigem Sinne“ zu erziehen. Offiziellen Angaben zufolge gibt es bereits 5500 solche Organisationen.

Die Bewegung „Junarmija“ (Junge Armee) wurde 2015 vom russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu gegründet. Ihre Aufgabe? Junge Menschen mit den militärischen Grundlagen zur „Erhaltung und Förderung vaterländischer Traditionen“ vertraut zu machen. Angeblich eine Million Mitglieder. Darunter Kinder aus der von Russland kontrollierten ukrainischen Stadt Mariupol, die zwangsweise in die „Junarmija“ aufgenommen wurden.

Inzwischen werden Teenager einer verbesserten militärischen Ausbildung unterzogen. Sie sind in Tarnkleidung und mit 3,5 Kilogramm schweren Kalaschnikows auf dem Rücken zu sehen, mit denen sie auch um die Wette schwimmen müssen. Die Maschinerie wirkt. „Ich schwimme lieber mit einem Maschinengewehr als ohne“, wird eine Teilnehmerin zitiert. Der Jugend werden militärische Taktiken, und, wie man sich in Uniform und mit Maschinengewehren durch verschneites Gelände bewegt, beigebracht.

Eine weitere Gruppe ist Wagnerjonok. Hauptaufgabe dieser Gruppe ist es, dem Nachwuchs Heimatliebe einzuimpfen (Die FPÖ macht das ja ähnlich) und ihn für den Kriegsdienst vorzubereiten. Die Teilnehmer werden außerdem mit dem Umgang mit Drohnen vertraut gemacht und haben die Möglichkeit, persönlich mit den Streitkräften zu sprechen. Einige russische Schulen bringen den Schülern den Umgang mit Schusswaffen bei und statten sie mit entsprechender Gerätschaft aus. F-1- und RGD-5-Granaten sowie Kalaschnikow-Sturmgewehre gehören zum „Unterrichtsmaterial.

Weiters gibt es Bildungseinrichtungen, die eigene Militärkurse anbieten. Schüler lernen dort im Hof, wie man Granaten richtig wirft, mit Waffen läuft, Sturmgewehre zerlegt und mit Luftpistolen schießt. Früher war es die Entscheidung der Eltern, ob ihre Kinder an militärischen Schulungen teilnehmen oder nicht. Das geht heute nicht mehr. Heute muss der Nachwuchs Sturmgewehre direkt auf der Schulbank zerlegen und Gasmasken anlegen. Immer früher sollen die Kinder den Umgang mit Waffen lernen.

Während also in anderen Ländern den Kindern nicht beigebracht wird, „den Feind“ mit Waffen zu töten, ist das in Putins Russland bereits Alltag. Für Putin-Versteher, wie Kickl & Co scheint das kein Grund zur Besorgnis zu sein. Für mich und jeden anderen normalen Menschen schon.

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