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Archiv für den Monat: Juni 2022

Gleich oder gleicher?

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Gleich oder gleicher?

Bis zum heutigen Tag war ich immer ein glühender EU-Befürworter. Viele Vorteile wären ohne diese Gemeinschaft nicht möglich gewesen und sogar meine Frau hätte ich ohne EU wohl nicht kennengelernt. Doch inzwischen muss man sich fragen, was aus den Prinzipien der EU überhaupt geworden ist, denn es gibt ein paar Punkte, die man nicht einfach so hinnehmen kann.

Aktueller Anlass ist die Empfehlung der EU-Kommission, der Ukraine den Kandidatenstatus zu verpassen – einfach so, ohne dass die Voraussetzungen auch nur annähernd gegeben wären. Dieser „Schnellschuss“ legt die Vermutung nahe, dass das Einstimmigkeitsprinzip wohl schon vorweggenommen wurde. Klar ist, dass vor der entsprechenden Entscheidung abgestimmt werden muss, aber hier soll offenbar die Entscheidung in eine bestimmte Richtung gelenkt werden.

Das Prinzip, dass es für alle die gleichen Richtlinien geben soll, wird damit ad absurdum geführt, denn hier wird der Ukraine eine klare Favoritenrolle zuerkannt. Unser Karl hat es bereits deutlich formuliert: „Wir müssen sicherstellen, dass dieselben Maßstäbe angewandt werden wie auch bei anderen Beitrittswerbern aus dem Westbalkan. Vor diesem Hintergrund wäre es für mich etwa nicht vorstellbar, der Ukraine einen Kandidatenstatus zu gewähren und zugleich Länder wie Bosnien-Herzegowina weiterhin außen vorzuhalten„. So werden Manche gleicher als gleich und das widerspricht allem, was die EU ausmacht.

Die Niederlande und Dänemark halten ebenso wenig von einer derartigen Bevorzugung, wie Österreich. Es wäre auch ein sehr schlechtes Beispiel, wenn die gleichen Maßstäbe nicht für alle gelten würden. Natürlich geht es im Moment „nur“ um den Kandidatenstatus, doch dieser ist mit weitreichenden finanziellen Opfern – vor aller den Nettozahler – verbunden. Und das für einen langen Zeitraum. Außerdem wäre es völlig irrsinnig, ein Land zu einem Zeitpunkt wiederaufzubauen, das täglich beschossen wird. Konkret geht es um Wiederaufbauhilfen für die Ukraine, die ja mit dem Kandidatenstatus einen Rechtsanspruch darauf hätten.

Ein weiterer Punkt ist das letzte Urteil des EU-Gerichtshofes, nachdem die österreichische Familienbeihilfe im europäischen Ausland in gleicher Höhe ausgezahlt werden soll, wie in Österreich – und zwar auch für Kinder, die im Ausland leben, oder mutmaßlich gar nicht existieren, denn die Nachweise dafür haben nicht denselben Standard wie in Österreich.

In diesem Fall müsste nämlich auch die Ausgleichszulage für österreichische Pensionisten im europäischen Ausland bezahlt werden. Und das ist definitiv nicht der Fall. In meinem Fall müsste demnach die Ausgleichszulage für 20 Jahre in Spanien nachbezahlt werden und die Chancen dafür setze ich bei NULL an. In Europa werden ja alle irgendwie gleich behandelt – nur Manche sind eben etwas gleicher.

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Eine neue Realität

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Eine neue Realität

Die Abhängigkeit von russischem Gas hat die aktuelle europäische Problemzone geschaffen und (zu) viele Jahre von sozialdemokratischen Regierungen haben auch dafür gesorgt, dass dieser Zustand so lange wie möglich anhält.

Auch Österreich ist mit reduzierten Gaslieferungen aus Russland konfrontiert. Ein Sprecher der heimischen OMV stellt fest, der russische Lieferant Gazprom hat über eine Reduzierung informiert. „Wir werden diese Mengen, sofern aufgrund des geringeren Gasbedarfs überhaupt notwendig, durch Speichermengen und Mengen vom Spotmarkt ersetzen. Die Versorgung der Kunden wäre jedenfalls sichergestellt.

Putin muss den Westen für sehr dämlich halten, denn die Erklärung für eine baldige mögliche Abschaltung von Nord Stream 1, die mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten begründet wird, klingt ebenso fraglich, wie die damit verbundenen Vorschläge. Konkret geht es dabei um eine Reparatur von Gas-Kompressoren, die ja nur beim Kanadischen Hersteller repariert werden könnten – es sei denn, Deutschland wäre bereit, auf deutschem Territorium diese Kompressoren reparieren zu lassen.

Und hier kommt der Kinderglaube des Kreml in Spiel. Dies wäre nämlich nur dann möglich, wenn man die Sanktionen teilweise aufhebt. Man könnte also bei dieser Gelegenheit gleich alle Sanktionen aufheben. Soweit der Gedankengang von Putin und Co.

Die Welt und besonders Europa muss sich damit abfinden, dass es inzwischen eine neue Realität in den Beziehungen zu Russland gibt. Sie heißt nicht mehr Handelsbeziehungen, sondern Lüge und Erpressung. Daher ist dringend geboten, Gas aus anderen Quellen zu beziehen – auch wenn es langfristig teurer werden sollte. Die Hoffnung, dass man die Kriegstreiber „ausbluten“ lassen könnte, wird sich wohl nicht erfüllen, denn ihr Hunger auf Land, Bodenschätze, wie Metalle und seltene Erden und „Erpresserware“, wie Getreide, Öl und Gas ist unstillbar.

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Die feuchten Träume des Kreml

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Die feuchten Träume des Kreml

So dramatisch der Angriffs- und Vernichtungskrieg Russlands gegen die Ukraine auch sein mag – Dem Kreml scheint es an schwarzem Humor nicht zu fehlen. Dieser könnte sich aber langfristig als Schwarze Witwe entpuppen, denn der Kriegstreiber Putin und seine Genossen glauben offenbar wirklich daran, dass ihr Verhalten keinerlei langfristige Konsequenzen haben wird.

„Viele Unternehmen aus westlichen Ländern – darunter aus den EU-Staaten, aus den USA und aus Kanada – behalten ihr Interesse am russischen Markt“, meint Kremlsprecher Dmitri Peskow. Genannt werden H&M und ausgerechnet das schwedische Unternehmen IKEA. Spätestens bei MC Donalds sehe ich aber dunkelschwarz.

Doch da hat sich Russland ohnehin auf eine „typische Kriegslösung“ verlegt. In der Stadt Syktywkar, im Nordwesten Russlands findet sich eine Speisekarte, die es in sich hat. Dort gibt es einen „Krim-Burger“, oder auch einen „Kreml-Burger“, neben anderen so klangvollen „Burger“-Namen, wie „Panzer T-34“ oder „Interkontinentalrakete Topol-M“ fehlt nur noch ein Shake mit dem Namen „scharfe Russin“ (Die von H.C. Strache). Aber die war ebenso wenig echt, wie die russische Notlösung einer Burgerkette, welche die kulinarischen Gelüste der Jugend befriedigen soll.

Kurios auch der Gedanken, dass die Ostukraine künftig „Süd-Russland“ heißen soll. Da bin ich schon gespannt, wer so einen künstlichen „Staat“ anerkennen soll (abgesehen von Russland und Belarus).

Ein weiterer feuchter Traum kommt vom russische Politiker Jewgeni Alexejewitsch Fjodorow, der fordert, dass das Dekret zur Anerkennung der Souveränität Litauens von 1991 gestrichen wird. Die Ende der 1980er-Jahre erlassene Anerkennung wäre rechtswidrig, weil sie gegen gegen mehrere Artikel der Verfassung der UdSSR verstoßen würde. (Kleiner Tipp: Die UdSSR gibt es gar nicht mehr). Auch hätte es kein entsprechendes Referendum zur Abspaltung von der Sowjetunion gegeben.

Für mich bleibt nur die Frage, wie viele Jahre es dauern wird, bis Russlands Dauerpopulisten in der Gegenwart angekommen sind. Aber dann könnte die Gegenwart schon längst zur erdgeschichtlichen Vergangenheit gehören.

 

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Selenskyjs Drängen in die EU

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Selenskyjs Drängen in die EU

Nach einer Umfrage sehen 71 Prozent der Europäer die Ukraine als Teil der europäischen Familie. Ich weiß natürlich nicht, welche Umfrage der ukrainische Präsident da meint, aber dann die Frage zu stellen, warum es immer noch skeptische Politiker gäbe, die in der Hinsicht zögern, erscheint mir doch etwas seltsam. Das meinte Selenskyj in einer Videobotschaft auf dem Kopenhagener Demokratie-Gipfel.

Er scheint einen möglichen EU-Beitritt ähnlich zu sehen, wie eine Kinokarte zu kaufen. Dabei erfüllt die Ukraine kein einziges Kriterium für einen Beitritt. Ich will das einmal verdeutlichen: Die Kopenhagener Kriterien müssten schon einmal erfüllt werden. Da wäre zum Beispiel das

Politische Kriterium: Institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten. Da wäre interessant, was die Ukraine zum Schutz der russischen Minderheit im Land unternimmt. Schon aufgrund des Kriegszustandes  wird dieses Kriterium nicht erfüllt. Und nach dem Krieg? Aus meiner Sicht wird es niemals „normale Beziehungen“ zwischen Ukrainern und Russen geben.

Wirtschaftliches Kriterium: Eine funktionsfähige Marktwirtschaft sowie die Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standzuhalten. Bis es so weit ist, werden noch Jahrzehnte vergehen. Derzeit ist nicht einmal daran zu denken.

Akquise-Kriterium: Die Fähigkeit, alle Pflichten der Mitgliedschaft – d. h. das gesamte Recht sowie die Politik der EU (den sogenannten „Akquise communautaire“) – zu übernehmen, sowie das Einverständnis mit den Zielen der Politischen Union und der Wirtschafts- und Währungsunion. Ich sehe da derzeit nur eine „Übernahme“ – und die nennen sich Finanzmittel der EU. Von EU-Recht und Pflichten ist die Ukraine auch ohne den Krieg noch weit entfernt.

Warum will die Ukraine unbedingt den Kandidatenstatus? Ganz einfach: Die Ukraine würde so konkrete Unterstützung bekommen, wenn es um den Wiederaufbau des Landes geht. Beitrittskandidaten haben Zugang zu zusätzlichen Finanzmitteln und technischer Unterstützung im Gegensatz zu den östlichen Partnerländern, die eben (noch) keine Beitrittskandidaten sind.

Und dann ist da noch eine „Kleinigkeit“: Durch eine Klausel im EU-Vertrag sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, im Kriegsfall einander beizustehen. Aus gutem Grund werden kriegführende Länder keinesfalls während eines Konfliktes in die EU aufgenommen. Freiheitsdrang alleine reicht nicht für einen EU-Beitritt – nicht einmal für einen Kandidatenstatus. Auch Georgien und Moldau wollen in die EU. Doch auch dort müssen die territorialen Konflikte mit Russland zuerst gelöst werden. Und auch der Schutz von sexuellen Minderheiten ist ein Thema. Rechtsstaatsprobleme haben die Ukraine genauso, wie Moldau und Georgien.

Bei einem Besuch in Estland hat auch unser Karl klargestellt, „einem EU-Beitrittskandidatenstatus der Ukraine nur gemeinsam mit dem Status anderer Beitrittswerber zuzustimmen. Für Österreich ist es „Bedingung“, dass, wenn die Ukraine einen Beitrittskandidatenstatus erhalte, „das Gleiche auch für die Staaten des Westbalkans gilt und für die Republik Moldau„.

Wenn Selenskyj also tatsächlich annimmt, in ein paar Wochen der EU als Vollmitglied beitreten zu können, oder sich trotzig in eine Ecke zurückzieht, sollte er Letzteres tun, denn mit einem Vollbeitritt sollte er erst in einigen Jahren, oder Jahrzehnten rechnen.

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Sjewjerodonezk

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Sjewjerodonezk

Derzeit gibt es erbitterte Kämpfe in der strategisch wichtigen ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk. Der zuständige ukrainische Regionalgouverneur der Region Luhansk, Serhij Gaidai sagt, dass die Stadt fast völlig unter russischer Kontrolle wäre und dass die russischen Truppen alles zerstören, was der Verteidigung nutzen könnte.

„Selbstverständlich“ hat er auch eine „Lösung für das Problem“. Die Stadt könnte von den Russen befreit werden, wenn der Westen ausreichend Langstreckenwaffen zur Verfügung stellen würde. Doch der Westen wird aus einem ganz einfachen Grund derartige Waffen nicht liefern. Mit Langstreckenwaffen würde die ukrainische Führung kaum eine einzelne Stadt „verteidigen“ – schon deshalb nicht, weil Langstreckenwaffen keine Verteidigungs-, sondern Angriffswaffen sind.

Da bereits mehrfach auch russisches Territorium von der Ukraine beschossen wurde, muss davon ausgegangen werden, dass mit Langstreckenwaffen  sogar Moskau ins Visier der ukrainischen Truppen geraten könnte. Und das mit westlichen Angriffswaffen. Für Putin und Co wäre das ein klarer Kriegsgrund und „legitime“ Angriffe auf europäische Länder.

Eine Randbemerkung sollte man auch nicht ganz übersehen. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow meint, „Die ukrainische Armee hat aus dem Westen bereits mehr als 150 schwere 155-Millimeter-Haubitzen aus NATO-Beständen bekommen. Die Munitionsvorräte dieses Kalibers übersteigen bereits um zehn Prozent die Bestände großer sowjetischer Kaliber zum Stand 24. Februar 2022„.

Trotzdem werden immer wieder Waffenforderungen gestellt. Zuletzt Schiffsraketen und es ist unwahrscheinlich, dass die für Schlauchboote in Küstennähe geplant waren.Dazu kommt, dass man auf Bildern aus der Ukraine hauptsächlich zerstörtes russisches Kriegsmaterial sieht, aber kaum entsprechendes Material aus der Ukraine. Meine Frage wäre nun, ob wir uns damit nicht eine weitere unkontrollierbare Supermacht basteln, deren Waffen sich irgendwann auch gegen Europa richten könnten, wenn die ukrainische Führung nicht bekommt, was sie will.

Verteidigung ist EINE Sache, aber dafür müssen auch die Mittel stimmig sein. Bei typischen Angriffswaffen bin ich mehr als skeptisch, bei einem Land, dessen Hass von Tag zu Tag größer wird, bis er nicht mehr einzuschätzen ist – auch, wenn er derzeit verständlich ein mag.

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Schlimmer als Putin?

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Schlimmer als Putin?

Es ist nur schwer vorstellbar, dass es jemanden gibt, der schlimmer, brutaler und noch hetzerischer als der Kriegsverbrecher Wladimir Putin ist. Doch es ist für mich nicht nur vorstellbar, es ist auch tatsächlich so, dass zumindest in der Rhetorik jemand am Start ist, der diese Rolle noch übertrumpfen kann.

Da es sich um den Wechselbalg handelt, der sich mit Putin das Präsidentenamt auch bisher schon geteilt hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich Dmitri Anatoljewitsch Medwedew bereits „in den Startlöchern befindet“, falls Putin plötzlich „ausfallen sollte. Wenn man seine Äußerungen bedenkt, die er in den letzten Tagen getätigt hat, dürfte klar sein, dass dieser Ukraine-Krieg noch lange nicht vorbei ist.

In eine Wutbotschaft an die „angeblichen Feinde meinte er auf Telegram Zitat: „Ich hasse sie. Es sind Bastarde und verkommene Menschen. Ich werde alles dafür tun, dass sie verschwinden, denn sie wollen den Tod für uns, für Russland„.

Während ich die üblichen Beschimpfungen nicht so ganz ernst nehmen kann (das gehört wohl zum Sprachschatz von Medwedew), sieht das bei der Aussage „Ich werde alles dafür tun, dass sie verschwinden“ schon wieder anders aus. Es beweist, dass es dem Kreml überhaupt nicht um „Entnazifizierung“ oder Eroberung geht, sondern dass es sich um einen klaren Vernichtungskrieg handelt. Da kann man tausende diplomatische Kanäle nutzen, daran hat der Kreml kein Interesse. So ist auch die Vorstellung, so etwas Ähnliches wie Waffenstillstand, oder gar Frieden zu erreichen, eine reine Wunschvorstellung.

Auch die aktuellen Geschehnisse erscheinen in einem ganz anderen Licht, wenn man eine ältere Aussage im Mai von Medwedew betrachtet: „Der Westen kann nicht einerseits „verrückte Sanktionen“ gegen Russland verhängen und andererseits erwarten, dass das Land Lebensmittel exportiert.“ Damit ist die russische Forderung an Selenskyj, die Häfen von den Minen zu räumen, nur eine Farce. Russland hat gar nicht die Absicht, Getreide-Exporte der Ukraine zuzulassen, denn sollten die Minen verschwinden, warten schon die russischen Kriegsschiffe darauf, in die Häfen einfahren zu können.

Ich würde nicht damit rechnen, dass Russland plötzlich einen Sinneswandel erfährt und die Welternährungskrise abwenden will. Das würde dem Großmachtstreben Putins widersprechen und Dmitri Medwedew sieht sich ohnehin als Kronprinz.

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Völlig realitätsfremd

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Völlig realitätsfremd

So sehr man auch die Ukraine unterstützen möchte, um den russischen Angriffskrieg zu beenden, muss man auch die Grenzen dieser Unterstützung sehen. Es geht dabei nicht nur um Waffenlieferungen, bei denen jedes Mal genau abgewogen werden muss, welche Art von Waffen noch der Verteidigung dienen, oder gar zu Angriffen auf russisches Staatsgebiet animieren.

Einem wesentlichen Verlangen der ukrainischen Führung kann und wird nicht nachgekommen werden. Selenskyj glaubt, dass sein Land innerhalb von ein paar Wochen der EU als Vollmitglied beitreten könnte. Dieser Zahn muss ihm gezogen werden und unser Karl hat daher genau das Richtige gemacht. Er spricht explizit von einem „Europäischen Vorbereitungsraum“ zur Annäherung an die Standards der EU. Standards, welche die Ukraine noch lange nicht erfüllt.

In der Phase des bestehenden Krieges kann von einer EU-Mitgliedschaft sowieso keine Rede sein. Nehammer: „Man muss dieselben Maßstäbe anwenden, die auch bei anderen Beitrittswerbern aus dem Westbalkan zur Anwendung kommen. Ein schneller Vollbeitritt der Ukraine ist aus meiner Sicht unrealistisch„.

Die EU soll dafür einen „Europäischen Vorbereitungsraum“ schaffen. Damit wird ermöglicht, die Zusammenarbeit Schritt für Schritt zu stärken und sich immer besser an die EU-Standards anzupassen. Österreich habe das jahrzehntelang so gemacht, mit europäischen Freihandelsabkommen, bis es 1995 EU-Mitglied geworden ist.

Es scheint aus Sicht der Ukraine nur „Entweder, oder“ zu geben. Eine schrittweise Kooperation ist aber der einzig mögliche Weg zu einer Vollmitgliedschaft und das muss auch Selenskyj sehen, ob es ihm nun passt oder nicht. Es geht bei diesen kleinen Schritten um „den Handel, den Warenverkehr vor allem auch auf dem Dienstleistungssektor, die Energie- und Klimapolitik, um erneuerbarer Energie und Wasserstofftechnologie, um den Verkehr, wie der grenzüberschreitende Straßenbau, die Bereiche Wissenschaft und Bildung, die Ernährungssicherheit sowie die gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik und natürlich auch die Bekämpfung der Korruption. Damit wären dann auch EU-Fördermittel möglich.

Es ist völlig korrekt, dass Länder, wie Frankreich, Deutschland und auch Österreich massive Bedenken haben, das Fenster zu einer Vollmitgliedschaft der Ukraine aufzumachen, denn „EU-tauglich“ ist die Ukraine noch lange nicht. Es wäre verlogen, der Ukraine diesbezüglich in der aktuellen Situation Hoffnungen zu machen, die nicht erfüllt werden können.

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Kein Recht auf russische Kriegspropaganda

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Kein Recht auf russische Kriegspropaganda

Das russische Außenministerium beklagt sich über die „Verletzungen der Rechte von russischen Staatsbürgern und Auslandsrussen im Ausland“ und über „den Umgang mit Staatsbürgern und Auslandsrussen. Dieser hätte sich nach Beginn der militärischen Spezialoperation zur Denazifizierung und Demilitarisierung der Ukraine massiv verändert.

Alles Russisches sowie alles, was mit Russland assoziiert wird, wird demnach Hetze und Diskriminierung ausgesetzt und es wäre eine „klar artikulierte antirussische Position“ der österreichischen Regierung vorhanden. „Es gäbe Attacken auf Internetseiten von Auslandsrussen“, die zur Blockade einer Facebook-Gruppe geführt hätten„.

Nach einem DDoS-Angriff und Drohungen gegen den Chefredakteur von Austria-Today.Ru, Aleksej Kusin musste dieser seine Publikationen einstellen. Es gäbe auch eine nicht näher bezeichnete Voreingenommenheit gegenüber russischen Kindern in Kindergärten und Schulen und der Konflikt mit der Ukraine würde im Unterricht – auch in österreichischen Bildungseinrichtungen – einseitig dargestellt.

Das könnte natürlich auch daran liegen, dass es bei diesem Thema nur eine Seite gibt – nämlich die Verurteilung des Angriffskrieges von Putin & Co.

Auch, dass das Linzer Brucknerhaus bereits im Februar 2022 seine Zusammenarbeit mit dem „St. Petersburger Haus der Musik“ beendet hat, gefällt dem russischen Außenministerium nicht, nur weil der Leiter, Sergej Roldugin, ein persönlichen Freund von Wladimir Putin ist. In Österreich gibt es also kein Recht auf russische Kriegspropaganda.

Auch die Universitäten in Innsbruck und Salzburg haben die Kooperationsverträge mit der staatlichen russischen Stiftung „Russki mir“ beendet und selbst die Salzburger Festspiele haben die Kooperation mit russischen Institutionen beendet. Ja, Österreich muss ein wirklich böses Land sein, wenn man Kriegspropaganda nicht zulässt und sogar Institutionen und Personen aus Putins Kriegsland sanktioniert. Dabei würde ich selbst noch viel weiter gehen, als „nur russische Kriegspropaganda“ nicht zuzulassen und ich bin da sehr einfallsreich.

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Diktatoren unter sich

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Diktatoren unter sich

Gleich und gleich gesellt sich gerne. Selten ist dieser Spruch so zutreffend, wie im politischen Gefüge, wenn es um ähnliche Großmacht-Interessen geht. Ein sehr deutliches Beispiel ist die Kombination von Russland, Türkei und Belarus. Während Wladimir Putin ukrainisches Getreide im großen Stil stehlen lässt, sorgen seine Gesinnungsgenossen Erdogan und Lukaschenko für dessen Verteilung – und zwar möglichst gewinnbringend nach eigenen Vorstellungen.

Der ukrainische Botschafter in Ankara, Vasyl Bodnar sagt, es gibt vermehrt Getreidelieferungen durch türkische Gewässer, die für Syrien bestimmt sind. Auch die Türkei kauft nach Aussage von Vasyl Bodnar gestohlenes Getreide von Putin.

Auch Lukaschenko stellt natürlich Bedingungen für den Transport von Getreide.
„Jetzt suchen alle nach der Logistik… Okay, wir können reden. Wir haben nichts dagegen, es [Getreide] durch Belarus zu bringen, aber es muss Kompromisse geben“. Was Lukaschenko für Kompromisse meint, ist leicht zu erraten. Es geht dann wohl um das Aufheben der Sanktionen.

Für Europa stellen sich damit zwei Probleme: Das Aufheben der Sanktionen gegen Lukaschenko und gegen Putin würde den Krieg nicht beenden, sondern nur ausweiten, denn der Kriegsverbrecher Putin würde dadurch eine enorme Stärkung erfahren. Auch von der anderen Seite, der Türkei, könnte eine böse Überraschung ins Haus stehen. Da Erdogan nun der (illegale) Besitzer des Gestohlenen Getreides ist, dürfte es eine große Preissteigerung bei Getreide geben, oder – und das ist vermutlich noch schlimmer – er könnte versuchen, die EU dahin gehend zu erpressen, dass er den „sofortigen EU-Beitritt“ fordert.

Etwas, das niemals nachgegeben werden darf. Wir sehen bereits am Beispiel Ungarn, dass Erpressung ein probates Mittel zu sein scheint. Während ein Boykott des Öl-Embargos noch irgendwie verständlich sein kann, weil eine gewisse Abhängigkeit besteht, war die Forderung nach Aufhebung der Sanktionen gegen den Chef der russisch-orthodoxen Kirche offenbar ein Test, wie weit das Diktatoren-Trio gehen kann.

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Irrationale Ängste?

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Irrationale Ängste?

Eine interessante Ansicht vertritt der ukrainische Präsidenten-Berater Mychailo Podoljak. Er spricht von einer irrationalen Angst vor Russland: „Die politischen Eliten im Westen wollen zur Vorkriegszeit zurückkehren und keine Probleme lösen. Die finanziellen Prioritäten haben Vorrang vor Entscheidungen.“

Diese Anspielung ist leicht zu verstehen. Es geht um das leidliche Thema der „späten Waffenlieferungen“, wobei für Selenskyj ein Zeitraum von 1 Stunde angemessen wäre – zwischen Forderung und Lieferung (am Besten direkt am Einsatzort). Dass es dafür auch demokratische Entscheidungen braucht und nebenbei immer die Befürchtung einer weiteren Eskalation im Raum steht, ist der Führung in der Ukraine egal.

Mit solchen Sprüchen könnte man sehr leicht auf den Gedanken kommen, dass es der ukrainischen Führung auch egal wäre, wenn es auf Europa Atombomben regnet – Hauptsache, der Ukraine passiert nichts. Darum sehe ich es auch als gravierenden Fehler von Joe Biden an. Raketen mit größerer Reichweite an die Ukraine abzugeben. Die einzige Sicherheit, die verlangt wurde, ist das Versprechen, keine Ziele auf russischen Boden anzugreifen. Der „Wert“ dieses Versprechend ist gleich NULL.

Mit Raketen von größerer Reichweite geht es nicht mehr um die eigene Verteidigung und auch die Absichten der ukrainischen Führung sehen für mich eher nach Rache aus, denn ich sehe nicht, dass Raketen mit mehreren hundert Kilometern Reichweite für eine unmittelbare Verteidigung geeignet wären – zumal die Einschulung der bedienenden Truppen 1-2 Wochen in Anspruch nehmen würde.

Nein, „Angst“ hat der Westen nicht vor Russland – und schon gar nicht eine „irrationale Angst“. Aber bei Putin handelt es sich um einen Irren, dem im Vorgarten Atomraketen hat. Damit ist er nicht nur unberechenbar, sondern brandgefährlich und Podoljak oder auch Selenskyj selbst stet es nicht zu, die Sicherheitslage in Europa oder gar in den USA zu beurteilen. Auch mag es der ukrainischen Führung egal sein, ob Menschen in ganz Europa nächsten Winter frieren, oder sich einfachste Lebensmittel leisten können. Das zeigt aber nur, dass die Ukraine noch lange nicht „EU-reif“ ist. So schlimm die Lage in der Ukraine auch sein mag, wer nur fordert und verurteilt, wird am Ende mit nichts dastehen.

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